Kees van Dongen
Kees van Dongen (Cornelis Theodorus Marie van Dongen), geboren am 26. Januar 1877 in Delfshaven, einem Stadtteil von Rotterdam, war ein niederländisch-französischer Maler und zählt zu den bedeutendsten Vertretern des Fauvismus. Seine Kunst ist geprägt von leuchtenden Farben, kühnen Pinselstrichen und einer expressiven Darstellung, insbesondere weiblicher Figuren. Schon früh zeigte sich seine Faszination für das gesellschaftliche Leben, das er sowohl in den Pariser Bohèmekreisen als auch später in der mondänen Gesellschaft der 1920er Jahre festhielt. Neben seinen ikonischen Frauenporträts schuf er auch Werke mit exotischen Einflüssen, die von seinen zahlreichen Reisen inspiriert wurden. Er lebte viele Jahre in Frankreich und nahm 1929 die französische Staatsbürgerschaft an.
wichtige Werke und Ausstellungen
- Le Moulin de la Galette (1904) – Musée d’Art Moderne de Troyes, Troyes
- Porträt von Fernande Olivier (1905) – Privatbesitz
- Anita mit dem grünen Herzen (1905) – Sammlung Placido Arango, Madrid
- Die rote Tänzerin (1907) – Eremitage, Sankt Petersburg
- Modjesko, Opernsängerin (1908) – Museum of Modern Art, New York
- Frau mit schwarzem Hut (1908) – Eremitage, Sankt Petersburg
- Lucie und ihr Partner (1911) – Eremitage, Sankt Petersburg
- Die Sphinx (1920) – Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, Paris
- La Baigneuse, Deauville (1920) – Privatbesitz
- Porträt der Renée Maha (1925) – Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, Paris
Künstlerische Entwicklung
Frühe Karriere und Ausbildung
Van Dongen wuchs in einer Brauerfamilie auf und begann bereits als Jugendlicher mit dem Zeichnen. Sein Talent wurde früh erkannt, sodass er von 1892 bis 1894 an der Akademie für Bildende Künste in Rotterdam studierte. In dieser Zeit lernte er die Künstlerin Augusta Preitinger, genannt Guus, kennen, die später seine Frau wurde. Während seines Studiums verbrachte er viel Zeit im Rotlichtviertel von Rotterdam, wo er sich von der dunklen, aber faszinierenden Atmosphäre inspirieren ließ. Er fertigte zahlreiche Skizzen von Seeleuten, Prostituierten und dem Nachtleben an, was seine spätere Kunst nachhaltig prägte.
1897 entschied er sich, nach Paris zu gehen, einem Zentrum der Avantgarde-Kunst. Anfangs verdiente er seinen Lebensunterhalt mit Illustrationen für satirische Zeitschriften wie „L’Assiette au Beurre“, wo er mit bissigen Karikaturen den gesellschaftlichen Wandel der Zeit dokumentierte. Zwei Jahre später ließ er sich dauerhaft in der französischen Hauptstadt nieder und begann, sich in der Kunstszene Montmartres zu etablieren. Er lebte in einfachen Verhältnissen und zog 1901 mit Guus in einen Zigeunerwagen in der Impasse Girardon, der ihm als Atelier und Wohnraum diente. Trotz seiner bescheidenen Anfänge fiel sein Talent auf, und 1904 erhielt er eine erste Einzelausstellung in der Galerie von Ambroise Vollard, der auch Paul Cézanne und Pablo Picasso förderte.
Wichtige Stationen und Werke
1905 nahm van Dongen am Salon d’Automne teil, einer Ausstellung, die dem Fauvismus seinen Namen gab. Obwohl er nicht in dem berühmten „cage aux fauves“ (Raubtierkäfig) ausstellte, wurde er eng mit der Bewegung assoziiert. Seine Bekanntschaft mit Picasso führte dazu, dass er 1906 ins „Bateau-Lavoir“ zog, eine Ateliergemeinschaft auf dem Montmartre, in der sich zahlreiche Künstler der Avantgarde trafen. Dort arbeitete er neben Picasso, Juan Gris, Max Jacob und Guillaume Apollinaire.
Seine Werke dieser Zeit zeichnen sich durch kühne Farben und starke Konturen aus. Insbesondere seine Frauenporträts, die oft mit intensivem Rot und tiefem Blau gespielt sind, machten ihn bekannt. 1908 trat er der deutschen Expressionistengruppe „Brücke“ bei und nahm an einer Ausstellung in Dresden teil. Obwohl sein Stil nicht dem der „Brücke“-Künstler entsprach, wurde er aus strategischen Gründen eingeladen, um Verbindungen zu französischen Galeristen herzustellen.
Spätere Jahre und Monaco
In den 1920er Jahren war van Dongen einer der gefragtesten Porträtisten der Pariser Gesellschaft. Er malte bekannte Persönlichkeiten, darunter Brigitte Bardot und diverse Adelige. Sein mondäner Lebensstil spiegelte sich in seinen Werken wider. 1929 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft. Im Zweiten Weltkrieg geriet er in die Kritik, da er an einer von Arno Breker organisierten Reise nach Deutschland teilnahm, was ihm den Vorwurf der Kollaboration einbrachte.
Nach dem Krieg zog er sich mehr und mehr nach Monaco zurück. Dort lebte er ab 1957 dauerhaft und behielt dennoch ein Atelier in Paris. Bis zu seinem Tod 1968 blieb er in der Kunstwelt aktiv.
Stilmerkmale
- Detailgenauigkeit: Van Dongen verzichtete auf realistische Details zugunsten stilisierter Darstellungen mit kräftigen Umrissen.
- Emotionale Tiefe: Seine Werke spiegeln oft eine verführerische, aber auch melancholische Atmosphäre wider.
- Komposition: Häufige Nahansichten mit dynamischen Perspektiven und klaren Kontrasten.
- Farbgebung: Intensiver Einsatz leuchtender Farben, oft mit dominierenden Rot- und Blautönen.
- Perspektive: Reduzierte Raumtiefe und bewusst verzerrte Proportionen, um die Expressivität zu steigern.
Techniken und Materialien
Van Dongen arbeitete hauptsächlich mit Öl auf Leinwand, was ihm erlaubte, intensive Farben zu verwenden. Zusätzlich nutzte er Aquarell und Lithografie, um verschiedene Ausdrucksformen zu erkunden. Seine Pinselstriche waren oft pastos, mit kräftigen Farbaufträgen, die seiner Kunst eine unverwechselbare Haptik verliehen.
Van Dongens Einfluss und Vermächtnis
Sein experimenteller Umgang mit Farben und Formen beeinflusste zahlreiche Künstler der Moderne. Insbesondere Henri Matisse, der ebenfalls zu den Fauves zählte, profitierte von seinem unkonventionellen Stil. Auch Pablo Picasso, mit dem van Dongen eng befreundet war, nahm in seiner blauen und rosa Periode einige Anregungen auf. Später ließ sich auch der Expressionismus, etwa durch Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein, von seinen Farben inspirieren.
Seine Werke sind heute in vielen renommierten Museen zu finden, darunter das MoMA in New York, das Van Gogh Museum in Amsterdam und die Eremitage in Sankt Petersburg.
Kees van Dongen: Die wichtigsten Fakten
- Wurde 1877 in Delfshaven geboren und wuchs in einer Brauerfamilie auf.
- Studierte an der Akademie für Bildende Künste in Rotterdam.
- Zog 1897 nach Paris und arbeitete als Illustrator für satirische Zeitschriften.
- Wurde ein bedeutender Vertreter des Fauvismus und stellte 1905 im Salon d’Automne aus.
- Lebte ab 1906 im Bateau-Lavoir, wo er Picasso und andere Avantgarde-Künstler traf.
- War Mitglied der deutschen Expressionistengruppe „Brücke“.
- War in den 1920er Jahren ein gefragter Porträtist der Pariser Gesellschaft.
- Wurde 1929 französischer Staatsbürger.
- Übersiedelte nach Monaco, wo er bis zu seinem Lebensende blieb.
Van Dongen war ein Künstler, der es meisterhaft verstand, Farbe, Form und Emotion miteinander zu verbinden. Seine Werke zeigen eine einzigartige Mischung aus Sinnlichkeit, Ausdruckskraft und stilistischer Reduktion. Trotz seines späten Erfolges als mondäner Gesellschaftsporträtist blieb sein Stil stets unverkennbar. Seine Reise durch verschiedene Kunstströmungen, von satirischen Illustrationen über den Fauvismus bis hin zur Pariser Hautevolee, zeigt seine Vielseitigkeit und seinen Einfluss auf die Kunst des 20. Jahrhunderts. Am 28. Mai 1968 verstarb er in Monte Carlo im Alter von 91 Jahren.