Marcel Breuer
Marcel Breuer, geboren am 21. Mai 1902 in Pécs, Ungarn, prägte als Architekt und Designer die Moderne des 20. Jahrhunderts. Seine innovativen Entwürfe, insbesondere im Bereich der Stahlrohrmöbel, setzten neue Maßstäbe in Design und Architektur. Bekannt wurde er vor allem durch seine experimentellen Arbeiten mit industriellen Materialien, mit denen er die traditionelle Möbelherstellung revolutionierte. Breuer war maßgeblich an der Entwicklung des Bauhauses beteiligt und beeinflusste mit seinen Werken Generationen von Gestaltern. Als Pionier der modernen Gestaltung verband er Funktion und Form auf eine Weise, die bis heute als richtungsweisend gilt.
Wichtige Werke und Ausstellungen
- Wassily-Sessel (1925) – Museum of Modern Art, New York
- Cesca-Stuhl (1928) – Bauhaus-Archiv, Berlin
- UNESCO-Hauptquartier (1953–1958) – Paris, Frankreich
- Whitney Museum of American Art (1966) – New York, USA
- St. John’s Abbey Church (1961) – Collegeville, Minnesota
- IBM Forschungszentrum (1962) – La Gaude, Frankreich
- Haus Breuer (1947) – New Canaan, Connecticut
- Hauptsitz der Armstrong Rubber Company (1969) – West Haven, Connecticut
- Klosteranlage der Baldegger Schwestern (1975) – Baldegg, Schweiz
- Wohnbedarf Möbelgeschäft (1931) – Zürich, Schweiz
Künstlerische Entwicklung
Frühe Karriere und Ausbildung
Nach einem kurzen Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien wechselte Breuer 1920 an das Bauhaus in Weimar. Dort begann er eine Ausbildung in der Möbelwerkstatt, die von Walter Gropius geleitet wurde. Schnell zeigte sich sein Talent für innovatives Design. Anfangs beschäftigte er sich noch mit Malerei, doch sein Interesse verlagerte sich bald auf das Möbeldesign.
Sein Gesellenstück, der Toilettentisch der Dame, entstand 1923 für das Musterhaus Am Horn in Weimar. Bereits in dieser frühen Arbeit zeigte sich seine Präferenz für funktionale und zugleich elegante Formen. Seine Gesellenprüfung legte er 1924 ab. Mit nur 22 Jahren hatte er bereits eine Vielzahl avantgardistischer Holzmöbel entworfen, darunter den konstruktivistischen Lattenstuhl ti 1a von 1922, der durch seine klare geometrische Struktur und innovative Formgebung hervorstach.
Wichtige Stationen und Werke
Experimente in Dessau: Möbelentwürfe aus Stahlrohr
1925 zog Breuer nach Dessau, wo er am Bauhaus die Leitung der Möbelwerkstatt übernahm. In enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Junkers-Flugzeugwerken erforschte er den Einsatz neuer Materialien wie Stahlrohr. Daraus entstanden innovative Möbelstücke wie der Stahlrohrstuhl B5 sowie Hocker und Beistelltische. Besonders hervorzuheben ist der Clubsessel B3, der später unter dem Namen Wassily-Stuhl weltberühmt wurde – ein Meilenstein des modernen Möbeldesigns.
Berlin, Exil und neue Wege in der Architektur
Nach dem Bauhaus gründete Breuer 1928 ein eigenes Büro in Berlin. Hier entwarf er neben Möbeln auch Innenräume, etwa die puristische Wohnung für den Theaterregisseur Erwin Piscator. Seine Arbeiten galten vielen Zeitgenossen als provokant modern. Zeitgleich entstanden Möbelserien für Thonet, darunter die bis heute populären Freischwinger B32 und B64. 1933 zwang ihn seine jüdische Herkunft zur Emigration. Nach Zwischenstationen in Ungarn und London emigrierte er 1937 in die USA, wo er gemeinsam mit Walter Gropius an der Harvard University lehrte und ein Architekturbüro gründete.
Marcel Breuer und die Etablierung als Architekt
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte Breuer seinen Schwerpunkt zunehmend auf die Architektur. Er entwarf elegante Wohnhäuser, die moderne Bauformen mit natürlichen Materialien wie Stein und Holz kombinierten. 1952 erhielt er gemeinsam mit Pier Luigi Nervi und Bernard Zehrfuss den Auftrag für das UNESCO-Hauptquartier in Paris. Mit dem Bau des Whitney Museum of American Art in New York in den 1960er-Jahren etablierte er sich endgültig als eine der führenden Figuren der modernen Architektur.
Funktionalität und Form: Breuers Beitrag zum Möbeldesign
Breuers Möbelentwürfe revolutionierten die Gestaltung durch ihren radikalen Materialeinsatz. Inspiriert von der Leichtigkeit von Fahrradrahmen entwarf er Stahlrohrmöbel, die nicht nur stabil, sondern auch ästhetisch reduziert waren. Seine Freischwinger verzichteten auf hintere Beine und boten ein neues, dynamisches Sitzgefühl. Der Verzicht auf Ornamentik und die Konzentration auf Funktion und Form machten seine Designs zu zeitlosen Klassikern des 20. Jahrhunderts.
Stilmerkmale
- Materialinnovation: Breuer nutzte Stahlrohr und Schichtholz, um Möbel leichter und stabiler zu machen.
- Funktionalität: Seine Designs folgten dem Grundsatz „Form folgt Funktion“.
- Minimalismus: Klare Linien und reduzierte Formen prägen seine Entwürfe.
- Geometrische Klarheit: Seine Möbel und Bauten zeichnen sich durch eine konsequente Formsprache aus.
- Modularität: Viele seiner Entwürfe sind flexibel einsetzbar und kombinierbar.
Techniken und Materialien
Breuer experimentierte mit industriellen Werkstoffen wie Stahlrohr und Schichtholz, um funktionale und erschwingliche Möbel zu schaffen. In der Architektur bevorzugte er Sichtbeton, den er oft mit Glasflächen kombinierte, um Licht und Raum optimal zu nutzen.
Breuers Einfluss und Vermächtnis
Marcel Breuer beeinflusste zahlreiche Designer und Architekten. Seine innovativen Entwürfe inspirierten unter anderem Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier. Sein Einsatz neuer Materialien und seine funktionalistische Designphilosophie veränderten das Verständnis von Architektur und Gestaltung nachhaltig. Viele seiner Möbel sind bis heute Designklassiker.
Marcel Breuer: Die wichtigsten Fakten
- Geboren 1902 in Pécs, Ungarn
- Studierte und lehrte am Bauhaus in Weimar und Dessau
- Entwickelte den Wassily-Sessel und den Cesca-Stuhl
- Emigrierte 1937 in die USA und lehrte an der Harvard University
- Realisierte bedeutende Bauwerke wie das Whitney Museum in New York
- Pionier im Einsatz von Stahlrohr im Möbeldesign
Marcel Breuers Werk steht exemplarisch für das Ideal einer gestalteten Moderne, in der Material, Funktion und Ästhetik zu einer harmonischen Einheit verschmelzen. Seine Möbel vereinen Leichtigkeit mit struktureller Präzision, seine Architektur öffnet sich dem Raum, ohne ihn zu dominieren. Als Lehrer, Gestalter und Architekt hinterließ er ein vielschichtiges Erbe, das bis in die Gegenwart reicht. Breuer starb am 1. Juli 1981 in New York City im Alter von 79 Jahren.