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Johannes Itten

Johannes Itten wurde am 11. November 1888 in Wachseldorn, Kanton Bern, geboren und entwickelte sich zu einem der einflussreichsten Kunstpädagogen des 20. Jahrhunderts. Als Maler, Kunsttheoretiker und Lehrer prägte er die Bauhaus-Schule mit seinen innovativen Lehrmethoden und einer tiefgehenden Farbenlehre. Seine Forschungen zur Farbwahrnehmung und Farbpsychologie führten zur Entwicklung der Farbtypenlehre, die bis heute in Kunst und Design Anwendung findet. Durch seinen Vorkurs am Bauhaus legte er den Grundstein für eine experimentelle und ganzheitliche Herangehensweise an die Kunstvermittlung. Neben seinen künstlerischen und pädagogischen Arbeiten beschäftigte er sich intensiv mit esoterischen Lehren und spirituellen Konzepten, die er in seine Lehrmethoden einfließen ließ.

Wichtige Werke und Ausstellungen

  1. Der rote Turm (1918) – Privatbesitz
  2. Aufstieg und Ruhepunkt (1919) – Privatbesitz
  3. Farbkreis (1961) – Museum of Modern Art, New York
  4. Leuchtendes Rot (1955) – Museum Ritter, Waldenbuch
  5. Zweiklang (1964) – Privatbesitz
  6. Simultanes Leuchten (1974) – Privatbesitz
  7. Asiatin, Brustbild (ohne Datum) – Privatbesitz
  8. Haus des weißen Mannes (1921) – Museum of Modern Art, New York
  9. Die Begegnung (1916) – Privatbesitz
  10. Der Künder (1916) – Privatbesitz

Künstlerische Entwicklung

Frühe Karriere und Ausbildung

Nach dem Abschluss seiner Ausbildung am Lehrerseminar in Hofwil, Kanton Bern, unterrichtete Itten zunächst als Lehrer, entschied sich jedoch bald für eine künstlerische Laufbahn. Seine ersten Studien führte er an der Kunsthochschule in Genf durch, wo er sich jedoch schnell von der akademischen Lehre enttäuscht zeigte. Die dortige Betonung handwerklicher Traditionen erschien ihm als zu starr. Um seine künstlerische Ausbildung weiterzuführen, kehrte er nach Bern zurück, wo er sich parallel als Sekundarlehrer in Mathematik, Physik und Chemie qualifizierte. Diese naturwissenschaftliche Basis prägte sein analytisches Denken und beeinflusste später seine Forschungen zur Farbenlehre.

Ein prägendes Erlebnis in seiner künstlerischen Entwicklung war sein Studium an der Kunstakademie Stuttgart ab 1913, wo er unter Adolf Hölzel lernte. Dort kam er mit Künstlern wie Oskar Schlemmer, Ida Kerkovius und Willi Baumeister in Kontakt. Besonders die von Hölzel entwickelte Kontrastlehre und seine experimentellen Ansätze in der Bildanalyse hinterließen bleibenden Eindruck. In dieser Phase entstanden auch erste abstrakte Werke, in denen sich seine Faszination für geometrische Formen und Farbkontraste abzeichnete.

Wichtige Stationen und Werke

Neue Wege der Lehre: Itten in Wien

Nach seiner Zeit in Stuttgart zog Itten 1916 nach Wien, wo er eine eigene Kunstschule gründete. Dort experimentierte er mit neuartigen Unterrichtsmethoden, die über das klassische Kunststudium hinausgingen. Bewegungstraining, Atemübungen und Meditationen – inspiriert von der esoterischen Mazdaznan-Lehre – wurden fester Bestandteil seines Konzepts. Parallel dazu arbeitete er an seiner Farbtheorie und entwickelte ein tiefes Interesse an der Verbindung von Form, Farbe und innerer Wahrnehmung.

Der Vorkurs am Bauhaus: Grundlagen durch Erfahrung

1919 berief ihn Walter Gropius als einen der ersten Meister an das Bauhaus in Weimar. Dort entwickelte Itten den einflussreichen Vorkurs, der zu einem pädagogischen Herzstück der Schule wurde. Anstelle einer rein technischen Ausbildung setzte er auf eine experimentelle Auseinandersetzung mit Material, Struktur und Farbe. Ziel war es, die Kreativität der Studierenden zu wecken und ihre individuelle Ausdrucksfähigkeit zu fördern.

Spannungsfeld zwischen Spiritualität und Funktionalismus

Ittens Ansatz stand in starkem Kontrast zu den zunehmenden funktionalistischen Tendenzen am Bauhaus. Während Gropius ab 1923 eine stärkere Ausrichtung auf industrielle Gestaltung forderte, hielt Itten an seiner subjektiven, ganzheitlich-spirituellen Auffassung fest. Diese Differenzen führten schließlich zu seinem Austritt aus dem Bauhaus – sein Vorkurs aber blieb als Lehrmodell erhalten und wurde weiterentwickelt.

Itten und die expressionistische Linie der Moderne

Auch nach seinem Weggang vom Bauhaus behielt Itten seine Position innerhalb der expressionistischen Kunstbewegung. Sein Einfluss auf die Lehre, sein Farbkreis und seine Vorstellung einer künstlerischen Selbstentfaltung blieben prägend – nicht nur für spätere Pädagogen, sondern auch für Künstlerinnen und Künstler, die Gestaltung als inneren, prozesshaften Akt verstanden.

Stilmerkmale

  • Geometrische Abstraktion: Verwendung klarer, geometrischer Formen
  • Farbkontraste: Einsatz starker Farbgegensätze zur Betonung von Dynamik
  • Spiritualität: Integration esoterischer Elemente in seine Werke
  • Didaktischer Ansatz: Pädagogische Vermittlung von Kunstprinzipien

Techniken und Materialien

Itten experimentierte mit verschiedenen Maltechniken und Materialien. Besonders sein Interesse an Farben und ihrer Wirkung führte ihn dazu, Öl- und Aquarellfarben gezielt einzusetzen, um Farbharmonien und Kontraste herauszuarbeiten. Seine Experimente zur Farbpsychologie hatten nicht nur Einfluss auf die Malerei, sondern auch auf Design und Architektur.

Ittens Einfluss und Vermächtnis

Durch seine Lehrmethoden und die Einführung des Vorkurses am Bauhaus hatte Itten einen nachhaltigen Einfluss auf die Kunstpädagogik. Seine Theorien wurden von Künstlern wie Josef Albers und Max Bill weiterentwickelt und beeinflussten die Farbforschung über Jahrzehnte hinweg. Auch in der modernen Kunsttherapie und im Design finden seine Konzepte weiterhin Anwendung. Besonders seine Überzeugung, dass Farbe und Form nicht nur ästhetische, sondern auch psychologische und emotionale Wirkung haben, prägte zahlreiche Disziplinen.

Johannes Itten: Die wichtigsten Fakten

  • Geboren am 11. November 1888 in Wachseldorn, Kanton Bern.
  • Studierte in Genf und Stuttgart, beeinflusst durch Adolf Hölzel.
  • Entwickelte den Vorkurs am Bauhaus in Weimar.
  • Begründer der Farbtypenlehre und der Theorie der Farbkontraste.
  • Lehrte an verschiedenen Kunstschulen in Berlin, Zürich und Krefeld.
  • Verfasste bedeutende kunsttheoretische Werke wie „Kunst der Farbe“ (1961).

Johannes Itten stellte den Menschen und seine innere Wahrnehmung ins Zentrum künstlerischer Prozesse. Seine Lehre verband Intuition mit analytischem Denken, Form mit Empfindung und Farbe mit Persönlichkeit. Indem er am Bauhaus einen Raum für persönliche Entwicklung schuf, öffnete er die Kunstpädagogik für subjektive Erfahrungen und spirituelle Dimensionen. Sein Farbenkreis, seine Kontrastlehre und seine didaktische Vision prägen bis heute Gestaltungsausbildungen weltweit. Itten starb am 25. März 1967 in Zürich im Alter von 78 Jahren.

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