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Marianne Brandt

Marianne Brandt wurde am 1. Oktober 1893 in Chemnitz geboren und zählt zu den einflussreichsten Designerinnen des Bauhauses. Ihre Arbeiten in der Metallwerkstatt prägten maßgeblich das Industriedesign des 20. Jahrhunderts. Besonders bekannt sind ihre funktionalen und zugleich ästhetisch reduzierten Haushaltsgegenstände wie Teekannen, Lampen und Aschenbecher, die noch heute als Designklassiker gelten. Neben ihrem Einfluss im Bereich der Metallgestaltung war sie auch als Fotografin und Künstlerin tätig. Erst in den 1960er Jahren, als das Interesse am Bauhaus erneut auflebte, wurde ihr Werk umfassend gewürdigt.

Wichtige Werke und Ausstellungen

  1. Teekanne, Modell MT 49 (1924) – British Museum, London
  2. Aschenbecher mit Deckel (1924) – Museum of Modern Art, New York
  3. Kandem-Bettlampe (1928) – Museum of Modern Art, New York
  4. Deckenleuchte für das Bauhaus Dessau (1926) – Museum of Modern Art, New York
  5. Selbstporträt mit Lilien (1923) – Bauhaus-Archiv, Berlin
  6. Fotomontage „Tempo, Tempo!“ (1927) – Bauhaus-Archiv, Berlin
  7. Teekessel (1928) – Metropolitan Museum of Art, New York
  8. Fotomontage „Metropolis“ (1928) – Museum of Modern Art, New York
  9. Brieföffner (1930) – British Museum, London
  10. Experimentelle Lichtinstallation (1931) – Bauhaus-Archiv

Künstlerische Entwicklung

Frühe Karriere und Ausbildung

Marianne Brandt begann ihre künstlerische Ausbildung 1911 an der Fürstlichen freien Zeichenschule in Weimar, die unter der Leitung von Hugo Flintzer stand. Schon damals zeigte sich ihr ausgeprägtes Gespür für Formen und Strukturen. Ein Jahr später wechselte sie an die Großherzoglich-Sächsische Kunstschule Weimar, wo sie unter Fritz Mackensen und Robert Weise Malerei und Bildhauerei studierte. Ihre frühen Werke waren expressionistisch geprägt und umfassten vor allem Porträts und Landschaften. 1918 hatte sie ihre erste Ausstellung in der Galerie Gerstenberger in Chemnitz, die bereits die Aufmerksamkeit der Kunstwelt auf sie lenkte.

Nach ihrer Heirat mit Erik Brandt im Jahr 1919 lebte sie für einige Zeit in Norwegen, wo ihr Mann als Maler tätig war. Die Zeit dort war von künstlerischer Unsicherheit geprägt, und sie entschloss sich schließlich, ihre Laufbahn neu auszurichten. 1921 kehrte sie nach Weimar zurück und schrieb sich am Bauhaus ein.

Wichtige Stationen und Werke

Studienjahre am Bauhaus: Der Weg in die Metallwerkstatt

1923 begann Marianne Brandt ihr Studium am Bauhaus in Weimar. Sie lernte bei Künstlern wie Josef Albers, Paul Klee und Wassily Kandinsky. Besonders prägend war die Zusammenarbeit mit László Moholy-Nagy, der sie in die traditionell männlich geprägte Metallwerkstatt einführte. Als eine der wenigen Frauen in diesem Bereich musste sie sich zunächst gegen Widerstände behaupten – mit Erfolg.

Entwürfe in Dessau: Funktion und Form im Alltag

1926 wurde Brandt zur stellvertretenden Leiterin der Metallwerkstatt am Bauhaus Dessau ernannt. In dieser Rolle entwickelte sie funktionale Alltagsobjekte mit klarer Formensprache. Zu ihren bekanntesten Arbeiten zählen die ikonischen Bauhaus-Lampen, die bis heute als Klassiker des modernen Designs gelten.

Industrie und Serienproduktion: Arbeiten für die Ruppelwerke

Nach ihrer Zeit am Bauhaus leitete Brandt die Entwurfsabteilung der Ruppelwerk Metallwarenfabrik in Gotha. Dort gestaltete sie Produkte für den Massenmarkt, die industriell gefertigt wurden. Obwohl sie 1932 aus wirtschaftlichen Gründen entlassen wurde, zeigte ihre Arbeit dort, wie sich Bauhaus-Ideen in der industriellen Produktion anwenden ließen.

Fotomontagen als zweite Ausdrucksform

Ab 1926 begann Brandt mit der Arbeit an Fotomontagen, in denen sie moderne Frauenrollen, Technik und Stadtleben thematisierte. Diese Werke, beeinflusst von Dada und Konstruktivismus, zeichnen sich durch eine individuelle, oft nachdenkliche Bildsprache aus. Erst in den 1960er-Jahren wurden viele dieser Arbeiten wiederentdeckt und als eigenständiger Beitrag zur Avantgarde gewürdigt.

Stilmerkmale

  • Geometrische Formen – Klare Linien, oft bestehend aus Kreis, Kugel, Quadrat und Dreieck.
  • Minimalismus – Reduktion auf das Wesentliche ohne überflüssige Ornamente.
  • Funktionalität – Der praktische Nutzen stand immer im Vordergrund.
  • Materialkombination – Metall, Glas, Holz und neue Legierungen für innovative Designs.
  • Licht und Schatten – In ihren Montagen und Fotografien spielte sie mit Reflexionen und Kontrasten.

Techniken und Materialien

Materialwahl und Gestaltung in der Metallwerkstatt

Brandt bevorzugte Materialien wie versilbertes Messing, Neusilber, Aluminium und Opalglas, da diese nicht nur langlebig, sondern auch ästhetisch ansprechend waren. Ihre Entwürfe zeichneten sich durch eine innovative Kombination dieser Materialien aus, wobei sie oft mit Kontrasten zwischen glänzenden und matten Oberflächen experimentierte. In der Metallwerkstatt des Bauhauses entwickelte sie zahlreiche Prototypen und führte experimentelle Verfahren zur Massenproduktion ein. Dabei legte sie besonderen Wert auf präzise Verarbeitungstechniken wie das Tiefziehen und die elektrochemische Bearbeitung von Metall.

Fotografische Experimente und gesellschaftliche Reflexion

Auch im Bereich der Fotografie arbeitete sie mit neuen Techniken, insbesondere mit der Collage und Fotomontage, die sie als Medium nutzte, um gesellschaftliche Themen und moderne Frauenbilder kritisch zu reflektieren. Sie experimentierte mit Mehrfachbelichtungen und Überlagerungen, um dynamische und tiefgründige Kompositionen zu erschaffen.

Brandts Einfluss und Vermächtnis

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Brandt mehrere Jahre arbeitslos, da ihre Designs nicht mit den Vorstellungen des sozialistischen Realismus übereinstimmten. 1949 bis 1951 lehrte sie an der Hochschule für Werkkunst in Dresden, wo sie sich für eine moderne, funktionale Gestaltung einsetzte. Doch ihre progressiven Ideen wurden zunehmend kritisch gesehen.

1951 bis 1954 arbeitete sie am Institut für industrielle Gestaltung in Berlin-Weißensee, wo sie eng mit Mart Stam zusammenarbeitete. Aufgrund der politischen Entwicklungen in der DDR und der Ablehnung moderner Designansätze zog sie sich 1954 aus dem Lehrbetrieb zurück und kehrte nach Chemnitz (damals Karl-Marx-Stadt) zurück. Dort blieb sie als freischaffende Künstlerin aktiv und fertigte unter anderem abstrakte Skizzen und kleinere Objekte an.

Marianne Brandt: Die wichtigsten Fakten

  • Geboren 1893 in Chemnitz
  • Studierte Malerei und Bildhauerei in Weimar
  • Mitglied des Bauhauses ab 1923
  • Erste Frau in führender Position in der Metallwerkstatt
  • Entwickelte wegweisende Designs für die Industrie

Marianne Brandts Arbeiten stehen für einen radikalen Bruch mit traditionellen Rollenbildern ebenso wie für eine gestalterische Präzision, die ihrer Zeit voraus war. Ihre Entwürfe verbinden Funktionalität mit gestalterischer Strenge – und lassen dabei nie die menschliche Dimension außer Acht. Ob in ihren Teekannen, Lampen oder Montagen: Stets suchte sie nach einer zeitgemäßen, reflektierten Formensprache. Heute gelten ihre Objekte als frühe Ikonen des modernen Designs und als Beleg für den entscheidenden Beitrag von Frauen zur Bauhaus-Bewegung. Marianne Brandt starb am 18. Juni 1983 in ihrer Geburtsstadt Chemnitz im Alter von 89 Jahren.

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