Search
Close this search box.
Search
Close this search box.

Oskar Schlemmer

Oskar Schlemmer, geboren am 4. September 1888 in Stuttgart, war ein deutscher Maler, Bildhauer, Designer und Choreograf, der eng mit dem Bauhaus verbunden war. In seinen Werken steht die menschliche Figur im Zentrum, oft reduziert auf geometrische Grundformen und in einem strengen, durchkomponierten Raumgefüge dargestellt. Besonders sein „Triadisches Ballett“, das 1922 in Stuttgart uraufgeführt wurde, gilt als Meilenstein der Avantgarde und verbindet Tanz, Kostüm und Bühne zu einer einzigartigen Synthese. Diese interdisziplinäre Herangehensweise machte ihn zu einer prägenden Gestalt der modernen Kunst des frühen 20. Jahrhunderts.

Wichtige Werke und Ausstellungen

  1. Bauhaustreppe (1932) – Museum of Modern Art, New York
  2. Triadisches Ballett (1922) – Verschiedene Aufführungen weltweit
  3. Figur und Raum (1928) – Staatsgalerie Stuttgart
  4. Große Sitzende (1923) – Kunstmuseum Basel
  5. Konzentrische Gruppe (1925) – Nationalgalerie Berlin
  6. Tischgesellschaft (1923) – Museum Folkwang, Essen
  7. Abstrakte Figur (1921) – Tate Modern, London
  8. Vier Figuren auf drei Podesten (1925) – Harvard Art Museums, Cambridge
  9. Bauhaustreppe (Studie, 1931) – Getty Museum, Los Angeles
  10. Fensterbilder (1942) – Privatsammlung

Künstlerische Entwicklung

Frühe Karriere und Ausbildung

Nach dem frühen Tod seiner Eltern zog Schlemmer 1899 nach Göppingen, wo er die Realschule besuchte. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten brach er die Schule 1903 ab und begann eine Ausbildung als kunstgewerblicher Zeichner in einer renommierten Intarsienwerkstatt. Parallel dazu nahm er Unterricht in Figurenzeichnen und Stillehre an einer Fortbildungsschule, was seine Grundlagen in der Darstellung des menschlichen Körpers legte.

Sein Talent ermöglichte ihm 1906 die Aufnahme an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, wo er unter Christian Landenberger und Friedrich von Keller studierte. Hier traf er auf Künstler wie Willi Baumeister und Otto Meyer-Amden, mit denen ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Ab 1910 verbrachte er ein Jahr in Berlin, wo er sich mit dem Kubismus und der französischen Avantgarde auseinandersetzte. Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart wurde er 1913 Meisterschüler bei Adolf Hölzel, einem bedeutenden Vertreter der abstrakten Malerei. In dieser Zeit entstanden die ersten Skizzen für das „Triadische Ballett“, inspiriert durch das Tänzerpaar Albert Burger und Elsa Hötzel.

Wichtige Stationen und Werke

Frühe Projekte und erste Kontakte zur Avantgarde

1914 erhielt Schlemmer zusammen mit Willi Baumeister und Hermann Stenner den Auftrag, Wandbilder für die Haupthalle der Deutschen Werkbundausstellung in Köln zu gestalten. Dieses Projekt führte erstmals zu einer Begegnung mit Walter Gropius. Während des Ersten Weltkriegs war Schlemmer als Soldat an der West- und Ostfront im Einsatz, konnte jedoch trotz Verwundung weiter künstlerisch arbeiten. Nach Kriegsende stellte er im Stuttgarter Kunsthaus Schaller aus und engagierte sich in der Üecht-Gruppe, die sich für eine Reform des Kunstunterrichts starkmachte.

Am Bauhaus: Wandbild, Skulptur und Bühne

1920 folgte Schlemmer dem Ruf von Walter Gropius nach Weimar und übernahm am Bauhaus zunächst die Werkstatt für Wandbildmalerei, später auch die Bereiche Holz- und Steinbildhauerei. 1923 verlagerte sich sein Schwerpunkt zur Bauhausbühne, wo er mit dem Triadischen Ballett ein wegweisendes Bühnenwerk schuf. In dieser Synthese aus Tanz, Raum und Figur verband er plastische Gestaltung mit choreografischer Struktur.

Mensch und Raum: Schlemmer in Breslau

1929 wurde Schlemmer an die Staatliche Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau berufen. Hier intensivierte er seine Untersuchungen zur Beziehung von Körper und Raum. Das Gemälde Bauhaustreppe (1932) gilt als Schlüsselwerk dieser Phase – es fasst zentrale Themen seines Schaffens in einer strengen, geometrischen Komposition zusammen und zeigt deutlich seine Vorstellung vom Menschen als gestaltender und geformter Teil des Raumes.

Oskar Schlemmer und das Bühnenexperiment

In Schlemmers Werk verbanden sich Malerei, Skulptur, Kostümbild und Bewegung zu einer interdisziplinären Kunstform. Seine Arbeiten waren geprägt von einer abstrahierten Formsprache, die den menschlichen Körper in konstruktivem Verhältnis zum Raum setzte. Besonders mit dem Triadischen Ballett setzte er Maßstäbe für das Zusammenspiel von Figur, Rhythmus und Architektur – ein Konzept, das die Bühnenkunst der Moderne nachhaltig beeinflusste.

Stilmerkmale

  • Geometrisierung der menschlichen Figur: Reduktion auf einfache Formen wie Kugeln, Zylinder und Kegel.
  • Integration von Raum und Figur: Darstellung von Körpern als Teil einer strukturierten Raumkomposition.
  • Farbgebung: Verwendung von klaren, oft primären Farben zur Hervorhebung der formalen Struktur.
  • Bewegungsstudien: Analyse der Dynamik von Körpern im Raum durch stark stilisierte Posen.
  • Abstraktion: Vereinfachung der Formen bis zur Grenze der Erkennbarkeit.

Techniken und Materialien

Schlemmer arbeitete mit Ölmalerei für seine Bilder und nutzte Holz und Metall für seine Skulpturen. Für seine Bühnenproduktionen entwarf er avantgardistische Kostüme, die oft aus ungewöhnlichen Materialien bestanden. Er verband traditionelle Techniken mit experimentellen Ansätzen, um neue Ausdrucksmöglichkeiten zu schaffen.

Schlemmers Einfluss und Vermächtnis

Schlemmer beeinflusste zahlreiche Künstler und Choreografen, darunter Merce Cunningham, der seine Ideen zur Integration von Tanz und bildender Kunst weiterführte. Auch Willi Baumeister griff Schlemmers Ideen zur Darstellung der menschlichen Figur in geometrischer Form auf. Besonders prägend war seine Vision einer Synthese der Künste, die sich in seinen Werken widerspiegelte. Seine Arbeit an der Bauhausbühne setzte neue Maßstäbe für interdisziplinäre Kunstprojekte und inspirierte Generationen von Künstlern.

Oskar Schlemmer: Die wichtigsten Fakten

  • Geboren am 4. September 1888 in Stuttgart.
  • Studierte an der Kunstgewerbeschule und der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
  • Meisterschüler von Adolf Hölzel.
  • Arbeitete ab 1923 als Bühnenbildner am Bauhaus in Weimar und Dessau.
  • Entwickelte das „Triadische Ballett“, das 1922 in Stuttgart uraufgeführt wurde.
  • Schuf 1932 die „Bauhaustreppe“.

Oskar Schlemmer verband Kunst, Körper und Raum zu einer klar strukturierten, fast tänzerischen Ordnung. In seinem Werk steht der Mensch nicht als Ausdruck innerer Regung, sondern als konstruktives Element – gestaltet durch Geometrie, geführt durch Rhythmus. Seine Figuren bewegen sich nicht nur auf der Bühne, sondern in einem abstrakten Koordinatensystem aus Fläche, Form und Farbe. Dieser reduzierte, doch zugleich vielschichtige Zugang zur menschlichen Gestalt hinterließ tiefe Spuren in der Kunst, im Tanz und im Design des 20. Jahrhunderts. Oskar Schlemmer starb am 13. April 1943 in Baden-Baden im Alter von 54 Jahren.

Nach oben scrollen