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Lyonel Feininger

Lyonel Feininger, geboren am 17. Juli 1871 in New York City, war ein deutsch-amerikanischer Maler, Grafiker und Karikaturist, der sich durch seine prismatisch gebrochenen Kompositionen und seine architektonisch geprägte Bildsprache von anderen Künstlern seiner Zeit unterschied. Als wichtiger Vertreter der Klassischen Moderne brachte er Einflüsse des Expressionismus und Kubismus in Einklang. Seine Werke, die von scharfen Linien, leuchtenden Farben und einer kristallinen Formensprache geprägt sind, fanden ihren Höhepunkt in seiner Tätigkeit am Bauhaus, wo er als erster Meister berufen wurde und die grafische Werkstatt leitete. Er blieb jedoch nicht nur der Malerei verbunden – auch in der Fotografie und der Musik hinterließ er Spuren. 

Wichtige Werke und Ausstellungen

  1. Der weiße Mann (The White Man, 1907) – Museo Carmen Thyssen-Bornemisza, Madrid
  2. Straße im Dämmern (Street at Dusk, 1910) – Sprengel Museum, Hannover
  3. Gelmeroda I (1913) – Privatbesitz, New York
  4. Leuchtbake (Beacon, 1913) – Museum Folkwang, Essen
  5. Grüne Brücke II (Green Bridge II, 1916) – North Carolina Museum of Art, Raleigh
  6. Teltow II (1918) – Neue Nationalgalerie, Berlin
  7. Gelmeroda XIII (1936) – Metropolitan Museum of Art, New York
  8. Barfüßerkirche in Erfurt I (1925) – Staatsgalerie Stuttgart
  9. Die Türme über der Stadt (Halle) (1931) – Museum Ludwig, Köln
  10. The River (1940) – Worcester Art Museum, Massachusetts

Künstlerische Entwicklung

Frühe Karriere und Ausbildung

Lyonel Feininger wurde in eine kunstaffine Familie hineingeboren. Sein Vater, Karl Friedrich (später Charles) Feininger, war ein angesehener Konzertgeiger, während seine Mutter, Elizabeth Cecilia Lutz, als Pianistin und Sängerin tätig war. Ursprünglich war für ihn ebenfalls eine Karriere als Musiker vorgesehen, doch bereits früh zeigte sich seine Begabung für die bildende Kunst. Im Alter von 16 Jahren reiste er nach Deutschland, um seine Eltern auf Konzertreise zu begleiten, und besuchte dort die Kunstgewerbeschule Hamburg, wo er seine ersten ernsthaften künstlerischen Studien betrieb.

Ein Jahr später bestand er die Aufnahmeprüfung der Königlichen Akademie der Künste in Berlin, wo er eine akademische Ausbildung erhielt. Schon während dieser Zeit begann er, für verschiedene deutsche und amerikanische Zeitschriften als Karikaturist zu arbeiten. Um seine künstlerischen Fertigkeiten weiterzuentwickeln, studierte er 1892 für sieben Monate an der Académie Colarossi in Paris, die für ihre progressive Herangehensweise an die Kunst bekannt war. Nach seiner Rückkehr nach Berlin etablierte er sich als gefragter Illustrator für humoristische Blätter wie Harpers Young People, Ulk und Lustige Blätter.

Wichtige Stationen und Werke

Frühe Stadtlandschaften und Annäherung an den Kubismus

Zwischen 1905 und 1912 erlebte Feininger einen grundlegenden Wandel in seinem künstlerischen Ausdruck. Eine Reise nach Ribnitz-Damgarten prägte seine Hinwendung zu architektonisch geprägten Stadtansichten. Parallel dazu setzte er sich intensiv mit dem Kubismus auseinander. Seine Teilnahme am Salon des Artistes Indépendants in Paris 1911 brachte ihn in direkten Kontakt mit der europäischen Avantgarde – besonders die Werke von Robert Delaunay und Pablo Picasso hinterließen nachhaltige Spuren in seinem Werk.

Berliner Jahre und Austausch mit der deutschen Avantgarde

1913 lud Franz Marc Feininger zur Teilnahme an der Ausstellung des Blauen Reiters in der Berliner Galerie Der Sturm ein. Diese Einladung markierte seine Anerkennung innerhalb der deutschen Kunstszene. Im selben Jahr begegnete er Künstlern der Brücke, deren ausdrucksstarke Farbgebung und emotionale Stilmittel ihn beeinflussten. Obwohl er keiner Gruppe dauerhaft angehörte, spiegeln sich deren Tendenzen in seinen Arbeiten dieser Zeit wider.

Feininger am Bauhaus: Architektur, Holzschnitt und moderne Gotik

Mit seiner Berufung zum ersten Bauhaus-Meister 1919 begann eine zentrale Phase seines Schaffens. In Werken wie dem Holzschnitt Die Kathedrale aus dem ersten Bauhaus-Manifest verband er gotische Formelemente mit moderner Flächenstruktur. Seine Architekturmalerei dieser Jahre konzentrierte sich auf sakrale und städtische Motive, vor allem in Thüringen und Sachsen-Anhalt, und zeigt seine besondere Fähigkeit, Struktur, Licht und Rhythmus in Einklang zu bringen.

Fotografie als Erweiterung des gestalterischen Blicks

Ab 1928 wandte sich Feininger verstärkt der Fotografie zu – inspiriert durch die Experimente seines Bauhaus-Kollegen László Moholy-Nagy. Er untersuchte Lichtwirkungen, unkonventionelle Perspektiven und abstrakte Strukturen in seinen Aufnahmen. Obwohl diese Arbeiten lange unbeachtet blieben, offenbaren sie eine klare gestalterische Kontinuität zu seinem malerischen Werk und verdeutlichen seinen interdisziplinären Ansatz innerhalb der modernen Kunst.

Stilmerkmale

  • Prismatische Strukturen: Zerlegung von Formen in geometrische, oft transparente Flächen
  • Leuchtende Farben: Klare, intensive Farben, die eine strahlende Komposition erzeugen
  • Architektonische Motive: Kirchen, Brücken und Stadtansichten als zentrale Elemente
  • Dynamische Kompositionen: Bewegung und Rhythmus durch geschickte Linienführung
  • Licht und Transparenz: Durchlässige Farbflächen erzeugen eine fast spirituelle Wirkung

Techniken und Materialien

Feininger nutzte bevorzugt Öl auf Leinwand, arbeitete aber auch intensiv mit Aquarell und Holzschnitt-Techniken. Besonders seine Druckgrafiken zeugen von seiner Meisterschaft in der Handhabung verschiedener Techniken. Später experimentierte er in den USA verstärkt mit Fotografie und schuf faszinierende Aufnahmen der New Yorker Skyline.

Feiningers Einfluss und Vermächtnis

Lyonel Feiningers Einfluss auf die moderne Kunst ist vielschichtig. Seine Mischung aus Kubismus und Expressionismus prägte Künstler wie Paul Klee, Wassily Kandinsky und Robert Delaunay. Besonders seine Verbindung von Architektur und Licht beeinflusste spätere Bauhaus-Künstler sowie abstrakte Maler der Nachkriegszeit. Auch seine Fotografien fanden posthum große Anerkennung und inspirierten moderne Fotografen wie Andreas Feininger, seinen Sohn, der in New York als renommierter Fotograf tätig wurde. Künstler wie Fernand Léger und Marsden Hartley adaptierten Feiningers Formensprache und entwickelten sie weiter.

Lyonel Feininger: Die wichtigsten Fakten

  • Geboren 1871 in New York City, gestorben 1956 in New York
  • Studium in Hamburg, Berlin und Paris
  • Frühe Karriere als Karikaturist und Illustrator
  • Erster Meister am Bauhaus, Leitung der Druckwerkstatt
  • Kubistisch-expressionistische Architekturmalerei
  • Bedeutender Fotograf neben seiner Malerei

Lyonel Feininger schuf ein Œuvre, das sich durch Klarheit, Rhythmus und eine unverwechselbare architektonische Bildsprache auszeichnet. Seine Werke verbinden geistige Strenge mit malerischer Leichtigkeit und zeigen, wie sich Licht, Form und Struktur zu einer harmonischen Einheit verdichten können. Als Grenzgänger zwischen Illustration, Malerei, Druckgrafik und Fotografie blieb er Zeit seines Lebens offen für neue Impulse, ohne seine künstlerische Identität zu verlieren. Feininger starb am 13. Januar 1956 in New York City im Alter von 84 Jahren.

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